PubertŠt und Lockdown

PubertŠt und Lockdown sind eine toxische Kombination. So kšnnen Eltern unterstŸtzen.

Treffen in gro§en Gruppen, unerlaubte Partys und Missachten der Abstandsregeln: Das Verhalten von Jugendlichen in der …ffentlichkeit wird in Zeiten von Corona besonders scharf ins Visier genommen, und schnell werden sie als Pandemietreiber abgestempelt. Aber mit diesem Urteil muss man aufpassen. pme-Elternberaterin Kyra Wetzel berichtet Ÿber die schwierige Lage der Jugendlichen und gibt Tipps, wie Eltern ihre pubertierenden Kinder in Corona-Zeiten unterstŸtzen kšnnen.

Jugendliche halten sich grš§tenteils an die Corona-Ma§nahmen

Jugendliche sind besser als ihr Ruf. Die SINUS Jugendstudie 2020 hat gezeigt, dass sich die Jugendlichen grš§tenteils an die Corona-Ma§nahmen halten und verantwortungsvoll handeln. Sie sind in den allermeisten FŠllen bereit, zurŸckzustecken, wenn es um ihren Lebensstil, Treffen mit Freunden und andere Dinge geht, die einmal selbstverstŠndlich waren. Sie tun das meist aus einem Verantwortungsbewusstsein fŸr ihre Mitmenschen heraus, sei es die eigene Familie, Šltere Menschen aus ihrem Umfeld oder die Gesellschaft als Ganzes.

Corona und PubertŠt sind eine toxische Kombination

In Zeiten von Corona ist das Leben eines Heranwachsenden besonders schwierig, denn Corona und PubertŠt sind eine toxische Kombination! Es geht in dieser Entwicklungsphase darum, Autonomie zu gewinnen, sich von den Eltern abzugrenzen und eigene Regeln zu entwickeln. Doch Corona macht den Jugendlichen einen Strich durch die Rechnung: Statt ihre eigenen Wege zu finden, mŸssen sie wegen der AusgangsbeschrŠnkungen stŠndig mit den Eltern zusammen sein Ð obwohl sie sich eigentlich nur fŸr ihre Freunde interessieren.

Auch pme- Elternberaterin Kyra Wetzel betont, dass der Mangel an sozialen Kontakten besonders schwierig fŸr Jugendliche ist. Die Peergroup stellt fŸr Jugendliche, zusammen mit der Familie, die wichtigste SŠule in ihrem Leben dar. Sie vermissen ihre Freiheit und die Leichtigkeit des Lebens. Jeder Tag gleicht dem anderen, es gibt wenig Abwechslung. Das fšrdert das GefŸhl von Einsamkeit, und die Unbefangenheit geht verloren. Hinzu kommt, dass man in diesem Alter Kontrolle und EinschrŠnkungen als besonders lŠstig empfindet. Doch gerade jetzt mŸssen Eltern die Corona-bedingten Restriktionen gegenŸber ihren Kindern vertreten.

Konflikte in der Familie nehmen in der Corona-Krise zu Kyra Wetzel berichtet, dass die Konflikte in den Familien wŠhrend der Corona-Zeit zugenommen haben. Die Familien verbringen viel mehr Zeit miteinander. Hinzu kommen †berforderung und Stress durch Homeschooling und Homeoffice. Die fehlende Abwechslung im Alltag verschŠrft die Situation. Die Familie wird komplett auf sich zurŸckgeworfen. Konflikte, denen man vorher eventuell noch aus dem Weg gehen konnte, eskalieren nun viel leichter, und neue kommen dazu. Das kostet Kraft, denn alle Familienmitglieder sind auf ihre Weise stark belastet und frustriert, und die Nerven liegen verstŠndlicherweise oft blank.

€ngste, Depressionen und Essstšrungen als Folgen von Corona

Auch der Mangel an Struktur, den gerade die Schule gegeben hat, hat Auswirkungen. Entwicklungsneuropsychologin Anja Karlmeier von den Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel betont, dass die Hirnentwicklung von Kindern und Jugendlichen untrennbar mit ihrer sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung verbunden ist, also damit, welche Mšglichkeiten sie haben, sich in Familie, Schule und Freizeit zu entfalten. Die Schulschlie§ungen und KontaktbeschrŠnkungen haben also direkte Folgen.

Die COPSY (Corona und Psyche) Studie des UniversitŠtsklinikums Hamburg- Eppendorf belegt, dass sich mehr als 70 % der befragten Kinder und Jugendlichen durch die Corona-Krise seelisch belastet fŸhlen. Dies zeigt sich u. a. in Angst, Stress und Depressionen. Psychosomatische Klinken bekommen zurzeit vermehrt Zulauf von Heranwachsenden, die mit Essstšrungen, Angst- und Zwangsstšrungen zu kŠmpfen haben. Es gibt Jugendliche, die sich immer weiter zurŸckziehen und kaum noch das Haus verlassen oder mit Zwangsstšrungen wie ŸbermЧigem HŠndewaschen reagieren. Dies ist, so paradox es klingt, ein Versuch, die Kontrolle wiederzugewinnen.

Medienkonsum von Jugendlichen im Lockdown

Jugendliche leiden also immens in diesen Zeiten. Aber wie geht man als Eltern in dieser Situation damit um, wenn das Konfliktpotenzial sowieso schon hoch ist? Wie gestaltet man das Familienleben? Und sollte man Regeln zum Medienkonsum etc. aufrechterhalten oder die Leine lockerlassen?

Kyra Wetzel rŠt, gemeinsam mit der Familie zu entscheiden, wann es eine medienfreie Zeit gibt. Ein reines Verbot oder strenge Regeln werden in den meisten FŠllen zu mehr Konflikten fŸhren. Medienkonsum ist auch nicht gleich Medienkonsum. Man muss unterscheiden zwischen Freizeit-, Lern und auch Informationskonsum. Jugendliche haben ein Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben und ein Recht auf Zugang zu den Medien. Deshalb sollten Eltern gut abwŠgen, wie viel Zeit ihre Kinder in deren alternativen medialen Umfeld verbringen dŸrfen.
Als Eltern sollten Sie auch Alternativen anbieten. Dies kann ein gemeinsamer Spaziergang sein, ein Spieleabend oder das gemeinsame Kochen. Und: Seien Sie als Eltern Vorbild, und achten Sie darauf, wie Sie selbst die digitalen Medien nutzen. Gemeinsam getroffene, klare Absprachen stŠrken die Beziehung und das Vertrauen zwischen Eltern und Jugendlichen und bauen Konflikten vor.

Die Corona-Pandemie mit allen daraus resultierenden Ma§nahmen betrifft uns alle. Es ist aber notwendig, einen besonderen Blick auf die nachwachsende Generation zu werfen, die gerade jetzt die Weichen fŸr ein gelingendes Erwachsenenleben stellen sollte. Diese wertvolle Zeit ist durch die Corona-Krise geprŠgt von Isolation, Einsamkeit und BeschrŠnkungen. Die Jugendlichen von heute sind das RŸckgrat unserer Gesellschaft und die Entscheider von morgen. Deshalb sollten sie die bestmšglichen Voraussetzungen haben, um sich gut zu entwickeln.

 

Kyra Wetzel ist Elternberaterin beim pme Familienservice in der Niederlassung Stuttgart und trŠgt zudem die Produktverantwortung fŸr den Bereich Concierge, Relocation & Outplacement