Welche Konfliktarten gibt es? Und wie erkenne ich als FŸhrungskraft einen Konflikt in meinem Team frŸhzeitig?
Konflikte im Team belasten nicht nur die betroffenen Mitarbeiter*innen, sondern kšnnen ganze Projekte und GeschŠftsentwicklungen gefŠhrden. FŸhrungskrŠfte, die Konflikte frŸh erkennen, sind im Vorteil. Denn je lŠnger ein Konflikt schwelt, umso schwieriger wird es, ihn zu lšsen.
Digitalisierung, Globalisierung, demografischer Wandel, zunehmende Bedeutung von Wissen und Innovation und dann auch noch Corona: FŸhren in Zeiten stŠndiger VerŠnderung fordert Teamleader ganz schšn heraus. Denn dort, wo viel Bewegung ist, kšnnen auch Zusammenstš§e passieren. Oder anders ausgedrŸckt: ist eine Menge Konfliktpotenzial vorhanden.
Wie erkenne ich einen Konflikt in meinem Team frŸhzeitig, und wie kann ich ihn lšsen? Welche Konfliktarten gibt es? Und was kann ich als FŸhrungskraft tun, wenn es zu keiner Einigung kommt? Mit vier Beispielen aus dem Berufsalltag.
Ihr Teammitglied ist anderer Auffassung als Sie, was der nŠchste Schritt im Projekt sein soll? GlŸckwunsch! Das ist ein Sachkonflikt. Hier geht es um Meinungsverschiedenheiten, die auf unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen zurŸckgehen.
Der Sachkonflikt in der Regel ein Konflikt, der sich schnell lšsen lŠsst, weil hier (noch) keine Emotionen im Spiel sind. Die betroffenen MitarbeiterInnen sollten sich deshalb so schnell wie mšglich an einen Tisch setzen und den Konflikt mit sachlichen Argumenten ausdiskutieren und zu einer Lšsung finden. So harmlos ein Sachkonflikt zu Beginn noch sein kann, so schnell kann er sich ãaufschaukelnÒ und auf eine emotionale Ebene rutschen.
Sie sind schon seit Wochen genervt vom Verhalten ihres Teammitglieds und weisen ihm deshalb unliebsame Aufgaben zu? Und jetzt fŸhlt sich Ihr Mitarbeiter ungerecht behandelt und sichtlich unwohl? Dann sind Sie mitten in einem Beziehungskonflikt gelandet!
Ursachen fŸr Beziehungskonflikte sind z.B. Antipathie und persšnliche Vorurteile zwischen Teammitgliedern. Verschiedene Arbeitsstile oder Verhaltensweisen kšnnen nerven. Meist gehen diese Konflikte mit starken Emotionen einher und sind fŸr alle Betroffenen belastend.
Sie bekommen das Feedback vom Kunden, dass beim Abschluss des Projektes ãalles okayÒ war. FŸr Sie hei§t das, dass der Kunde mit dem Ergebnis zufrieden ist. Ihre Vorgesetzte interpretiert das Feedback des Kunden allerdings so, dass die Aufgabe nicht gut gelšst wurde und ist mit dem Ergebnis unzufrieden. Da haben zwei Personen also eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung.
Die Wahrnehmung und Bewertung von Worten und Situationen ist von Person zu Person sehr individuell. Sie denken ãso schnell wie mšglichÒ hei§t, es reiche die Aufgabe nŠchste Woche zu erledigen? FŸr Ihre Kollegin ist damit allerdings ganz klar gemeint, dass Sie die Aufgabe in den nŠchsten beiden Tagen ad acta legen sollen. Einer Schuld ist sich hier keiner der beiden Parteien bewusst. Die eigene Wahrnehmung sagt, dass man im Recht ist und sich an die Abmachungen gehalten hat.
Sie waren erst Mitarbeiterin und jetzt sind Sie zum Teamlead aufgestiegen? Ein Mitarbeiter erwartet RŸckendeckung von Ihnen als Chefin bei der nŠchsten PrŠsentation vor einem Kunden? Ein anderer mšchte aber eigenstŠndig seine Projekte verwalten und managen? Ihr Team stellt Erwartungen an Ihre Person und Ihre Rolle im Unternehmen, die ganz unterschiedlicher Natur sein kšnnen.
ErfŸllen Sie die Erwartungen Ihrer Teammitglieder nicht, kann es zu einem Rollenkonflikt kommen. Dabei kommt es ganz darauf an, wie gut Sie Ihre Rolle wechseln kšnnen. ErfŸllen Sie diese Rollen nicht, kann daraus ein Konflikt entstehen und weitere Auseinandersetzungen. Je klarer Sie sich Ÿber Ihre unterschiedlichen Rollen und mšglichen Erwartungen daran sind, um so mehr lassen sich Konflikte in diesem Zusammenhang vermeiden.
Sie wollen bessere Ergebnisse sehen, mehr Kunden an Land ziehen und AuftrŠge? Ihr Team allerdings wŸnscht sich eine bessere Work-Life-Balance und flexiblere Arbeitszeiten? Schnell kann es passieren, dass diese beiden unterschiedlichen Ziele aufeinanderprallen. Ein Konflikt ist dann nicht mehr weit entfernt.
Dieser Konflikt kann auch zwischen einzelnen Teammitgliedern entstehen, wenn Ziele und PrioritŠten nicht abgestimmt und vereinbart sind. Diese Konfliktart ist schwer zu lšsen, weil dafŸr beide Parteien einen Schritt aufeinander zu machen mŸssen.
Der Verteilungskonflikt ist ein Klassiker unter den Konflikten am Arbeitsplatz: Ihr Mitarbeiter fordert mehr Gehalt, aber Sie stimmen einer Gehaltserhšhung nicht zu? Eine Mitarbeiterin fŸhlt sich Ÿbergangen und hat das GefŸhl, die anderen bekommen immer die besseren Projekte oder mehr Lob?
Entsteht der Konflikt aus dem GefŸhl der Ungerechtigkeit heraus, bezeichnet man diesen als Verteilungskonflikt. Insbesondere Teammitglieder mit weniger Selbstvertrauen kommen eher in einen Verteilungskonflikt.
Ist ein Konflikt da, sollte er so schnell wie mšglich gelšst werden. Nur: Das ist nicht immer einfach. Denn dafŸr muss die FŸhrungskraft den Konflikt als solchen erst erkennen. Insbesondere in Zeiten, in denen Teams Ÿber den gesamten Globus verteilt sind oder MitarbeiterInnen im Homeoffice arbeiten und der direkte Kontakt fehlt, ist das schwierig.
Anzeichen fŸr Konflikte im Team zeigen sich durch offene oder versteckte Konflikte.
VordergrŸndig macht der Mitarbeiter zwar mit und erledigt seine Aufgaben. Aber wenn es im Meeting auf einmal etwas lauter wird, sind VorwŸrfe schnell an der Tagesordnung. Klares Anzeichen, dass hier ein Konflikt schwelt. Und das ist gefŠhrlich. Denn lšst keiner der Beteiligten diesen Konflikt, kann er schnell seine Kreise ziehen und weitet sich auf weitere Teammitglieder aus. Noch schwieriger wird es, den Konflikt zu lšsen, wenn einer der betroffenen Mitarbeiter sich bereits auf die Suche nach Konfliktpartner gemacht hat, die seine Position unterstŸtzen.
Der offene Konflikt zeigt sich z.B. durch:
OberflŠchlich scheint alles in bester Ordnung zu sein und alle Teammitglieder sind zufrieden. Doch das ist mehr Schein als Sein. Denn eigentlich herrscht ãdicke LuftÒ und die Anspannung im Team ist deutlich zu spŸren: Worte werden auf die Goldwaage gelegt, KollegInnen gehen deutlich distanzierter als frŸher miteinander um.
Wenn Ihre TeamkollegInnen dann auch noch eine gewisse Ironie an den Tag legen, zynisch sind oder sogar wichtige Informationen nicht mehr an Sie oder andere KollegInnen kommunizieren, kšnnen Sie davon ausgehen, dass Sie es mit einem verdeckten Konflikt zu tun haben.
Der verdeckte Konflikt zeigt sich z.B. durch:
Das Wort ãgutÒ ist interpretationsfŠhig. Hier kann es hilfreich sein, zu besprechen, wann ist eine Aufgabe gut erfŸllt ist, und wann nicht. Entwickeln Sie gemeinsame Messgrš§en. Hier liegt die Verantwortung ganz klar bei der FŸhrungskraft, die das initiieren muss. Bitten Sie um KlŠrung.
Zum anderen sollten Sie hier genauer hinsehen und sich fragen: Was treibt die Kollegin an, Ihre Arbeit niedriger zu bewerten? Hier muss die FŸhrungskraft mit den Beteiligten ins GesprŠch gehen, um den Konflikt zu lšsen Ð eventuell auch mediativ mit externer UnterstŸtzung.
Das ist eine ziemlich schwierige Situation Ð Šhnlich schwierig, wie wenn Sie einen Konflikt mit Ihrer FŸhrungskraft haben. †berlegen Sie sich, was ihnen wichtig ist: Was kann ich aushalten und was kann im schlimmsten Fall passieren, wenn ich den Konflikt anspreche?
Versuchen Sie Klarheit zu bekommen, wie Sie das selbst bewerten: Wie geht es Ihnen damit und wie stellen Sie sich eine Zusammenarbeit vor? Kšnnen Sie Ihre Wahrnehmung (aus der Ich-Perspektive) zur VerfŸgung zu stellen, ohne gleich eine Lšsung zu erwarten: ãIch sitze hier zwischen den StŸhlen. Ich erlebe das regelmЧig so und so. Und fŸr mich ist das wenig hilfreich, um gut zu arbeiten.Ò
Oft handelt es sich hierbei um langfristige Konflikte, da die streitenden Parteien keine Lšsungskompetenzen zur Hand haben. Sie kšnnen sich bei sehr verhŠrtenden Konflikten auch jemanden aus der Personalabteilung anvertrauen und die Situation schildern. Eventuell ist es sinnvoll, einen Mediator dazu zu holen.
Das klingt ebenfalls nach einem Konflikt, der bereits lŠnger da ist und eventuell seinen Kreis im Team schon gezogen hat. Lang entstandene Konflikte kann man nicht von heute auf morgen lšsen. Hier ist viel Zeit gefragt.
Auch hier rate ich: Stellen Sie Ihrer FŸhrungskraft Ihre Wahrnehmung zur VerfŸgung und teilen Sie mit, wie es Ihnen dabei geht (Ich-Perspektive). Es ist Aufgabe der FŸhrungskraft, Wege zu finden, wie das Team wieder ins GesprŠch kommen kann. Auch hier kann ein Mediator oder jemand aus der Personalabteilung unterstŸtzend dabei sein.
Hier ist es wichtig, ganz klare Kommunikationsprozesse zu installieren, wenn an drei unterschiedliche Weisungsbefugte berichtet werden soll. Welche Rechte, Pflichten und Kompetenzen haben die einzelnen FŸhrungskrŠfte, also welche Rollen haben sie innerhalb des Projektes, au§erhalb ihrer Rolle als FŸhrungskraft? Das gemeinsam mit den FŸhrungskrŠften festzulegen, wŠre ein erster Schritt.
Je lŠnger der Konflikt schwelt, umso mehr leidet das soziale Miteinander darunter. Die streitenden KollegInnen oder ganze Teams sprechen immer weniger miteinander, machen immer mehr Dienst nach Vorschrift und das Betriebsklima leidet. Niemand ist bereit, etwas extra zu machen und Ÿber den eigenen Tellerrand zu schauen. Mit unzufriedenen MitarbeiterInnen gibt es in der Regel auch unzufriedene Kunden.
Einen Konflikt zu lšsen, dauert immer lŠnger als einen zu entfachen. Deshalb sind FŸhrungskrŠfte gut beraten, wenn sie Konflikte schnell erkennen und versuchen zu deeskalieren. Ab einem gewissen Punkt gehen Menschen in eine innere KŸndigung und ziehen sich zurŸck.
Vor allem, wenn Projekte anstehen, sollten Sie schauen, dass Ihr Team konfliktfrei ist. Konflikte wŠhrend eines laufenden Projektes kšnnen HŸrden stellen und Ziele werden nur schwer erreicht
Suchen Sie das GesprŠch! Das ist ein gro§er TŸršffner. Dabei muss die Kommunikation nicht in Watte gepackt sein. Sprechen Sie Konflikte deutlich an und was Sie wahrnehmen: ãIch nehme das so und so wahr!Ò Machen Sie deutlich, dass Sie den Konflikt lšsen wollen und Hilfen zur VerfŸgung stellen.
Und: Nehmen Sie die unterschiedlichen Perspektiven wahr! Auch um ein VerstŠndnis fŸr die streitenden Parteien zu entwickeln.
Achtung: Ab Stufe 4 rŸckt eine Lšsung des Konfliktes schon in weite Ferne! Wenn der Konflikt von den Konfliktpartner wegrŸckt und zu anderen Kollegen gebracht wird, dann wird es schwierig. Denn dann wollen Menschen einen Konflikt nicht lšsen, sondern gewinnen und den anderen verlieren sehen. Moral und Vertrauen sind auf Stufe 4 streckenweise schon verloren gegangen.
Die neun Eskalationsstufen sind hilfreich, um zu sehen, wo genau Sie im Konflikt stehen und was sie brauchen, um diesen zu lšsen Ð und ob Sie ihn alleine oder mit Hilfestellung lšsen.
Die Fronten sind verhŠrtet, Stufe 4 der Eskalationsstufe liegt schon weit zurŸck und eine Lšsung scheint unmšglich: Jetzt geht es nur noch darum, gemeinsam mit den streitenden Parteien den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, so dass alle weiterhin arbeitsfŠhig bleiben. Im Grunde ist dann die Frage: Wie kann der Arbeitsvertrag eingehalten werden?
Wenn auch das nicht mšglich ist: Treffen Sie als FŸhrungskraft eine Entscheidung im Sinne des Unternehmens Ð wenn mšglich unter BerŸcksichtigung der Belange der KonfliktpartnerInnen. Wenn es keinerlei Ausweg gibt, dann kann ein letzter Schritt sein, dass einer der Konfliktpartner das Unternehmen verlŠsst.
Welchen Konflikt Sie auch immer gegenŸberstehen, muss Ihnen klar sein: Zeit ist ein entscheidender Faktor fŸr den Erfolg und diese Zeit bringt vor allem die FŸhrungskraft auf.
Literaturtipp: Glasl, Friedrich (1994): Konfliktmanagement. Ein Handbuch fŸr FŸhrungskrŠfte und Berater. Bern: Haupt.
Sabine Pahlke war 20 Jahre lang FŸhrungskraft in den unterschiedlichsten Unternehmen und hat selbst den schon einige Konflikt in Ihren Teams erlebt und gelšst.
Heute ist sie systemische Supervisorin und begleitet im Auftrag des pme Familienservice Teams und FŸhrungskrŠfte, die z.B. VerŠnderungsprozessen oder Konflikten gegenŸberstehen.