Einsamkeit Ÿberwinden, zufriedener im Alter leben

Wer im Alter unter Menschen kommt, fŸhlt sich wohler. Tipps von unserem Eldercare-Experten.

Einsamkeit im Alter ist schŠdlicher fŸr die Gesundheit als kšrperliche Gebrechen. "Es ist interessant zu sehen, wie wenig Einfluss die kšrperliche Gesundheit auf die Lebenszufriedenheit hat. Das beobachte ich auch in meiner Arbeit", sagt JŸrgen Griesbeck, Eldercare-Experte beim pme Familienservice.

Herr Griesbeck, laut einer Veršffentlichung der TU MŸnchen und des Helmholz-Zentrums empfinden viele Šltere Menschen eine hohe Lebenszufriedenheit.

JŸrgen Griesbeck: Das ist in der Tat ein erfreuliches Ergebnis. Es zeigt, dass mit dem Alter nicht Ð wie oft vermutet wird Ð zwangslŠufig Lebensfreude und LebensqualitŠt sinken. In der zugrundeliegenden Befragung von 3.600 Menschen mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren Šu§erte die Ÿberwiegende Mehrheit Ÿberraschenderweise ein sehr hohes subjektives Wohlbefinden.

Interessant ist besonders, wie wenig Einfluss die kšrperliche Gesundheit auf die Lebenszufriedenheit hat. Das beobachte ich auch in meiner Arbeit: Viele Menschen entwickeln im Alter eine Reife, die sie befŠhigt, sich von den Ÿblichen EinschrŠnkungen des Alters nicht in eine defizitŠre Stimmung bringen zu lassen. Im Gegenteil machen sie das Beste aus den vorhandenen Mšglichkeiten und hšren auf, einem kšrperlichen Idealzustand nachzujagen. Die Forscher bestŠtigen in diesem Sinne ja auch, dass sogar eine sogenannte MultimorbiditŠt Ð also wenn mehrere Krankheiten gleichzeitig bestehen Ð das Wohlergehen nur wenig beeinflusst.

ãEinsamkeit wirkt sich besonders schlimm aus.Ò

Die Studie zeigt, dass psychosoziale Faktoren die Zufriedenheit stŠrker beeintrŠchtigen als eine schlechte kšrperliche Verfassung.

Das stimmt. Dinge wie Angststšrungen, Depressionen, Schlafstšrungen oder ein niedriges Einkommen beeintrŠchtigen das Wohlbefinden erheblich. Allem voran wirkt sich Einsamkeit negativ aus. Das liegt daran, dass wir Menschen zu unserer existenziellen Zufriedenheit einen sinnstiftenden Anker brauchen, etwas, um das wir uns kŸmmern kšnnen. Sei es ein anderer Mensch, ein Tier oder eine Aufgabe wie der Blumenschmuck in der Kirche. Wir mŸssen uns mit etwas beschŠftigen kšnnen, das nicht nur mit unseren eigenen EinschrŠnkungen und Krankheiten zu tun hat. Es ist Ð wie auch Heidegger schreibt Ð die Sorge, die den Menschen zum Menschen macht. Erstaunlich, dass dies nun auch empirisch nachgewiesen werden kann! Selbst wenn man einen anderen Menschen in Gedanken begleitet und sich um sein Wohl sorgt, hat dies in Hinblick auf sich selbst einen entlastenden und fšrderlichen Effekt. Umgekehrt ist es Ð nicht nur Ð fŸr Šltere Menschen wichtig, dass sie von anderen gesehen werden und fŸr andere von Belang ist, wie es ihnen geht. Das sollte uns aber jetzt nicht dazu verleiten, nur liebevoll zu agieren, damit wir uns besser fŸhlen. Das wŸrde den Gedanken der Liebe pervertieren.

ãEs gibt sehr viele Angebote fŸr Šltere Menschen.Ò

Was kšnnen Šltere Menschen gegen Einsamkeit tun?

Es gibt glŸcklicherweise inzwischen sehr viele Angebote fŸr Šltere Menschen. Aber es kommt auf die innere Bereitschaft an, diese zu nutzen und zum Beispiel einen Seniorentreff auch zu besuchen, wenn dieser ãTitelÒ zunŠchst abschreckt und man sich gar nicht mit der Zielgruppe identifizieren kann. Oft hšre ich den Einwand: ãDa sind ja nur alte MenschenÒ. Diese fehlende Bereitschaft, sich auf andere einzulassen, ist oft der Grund fŸr Einsamkeit. Es geht fŸr uns Menschen letzten Endes lebenslang immer wieder um die Frage, das eigene Herz offen zu halten und zu weiten und sich nicht in Vorurteilen, Bewertungen und €ngsten einzumauern. Dies gilt nicht nur fŸr meine engsten Angehšrigen, sondern auch fŸr andere Menschen. Im siebten Altenbericht ist das ganz gro§e Thema die ãSorgende GemeinschaftÒ. Es sind alle herzlich eingeladen, sich um andere zu sorgen und sich dafŸr zu šffnen, dass sich andere Menschen um einen kŸmmern.

Neu seit der letzten Pflegereform ist ja, dass die Pflegeversicherung auch Geld fŸr soziale Teilhabe zur VerfŸgung stellt.

Bis zu 125 Euro stehen PflegebedŸrftigen monatlich fŸr Hilfen im Haushalt zu, wenn sie in den eigenen vier WŠnden betreut werden. Das kann zum Beispiel jemand von einem Pflegedienst sein, der einmal die Woche kommt und die Wohnung putzt oder einkaufen geht. Aber auch ein gemeinsamer Arztbesuch, GesprŠche, Spiele oder ein Spaziergang zŠhlen dazu. Viele wissen allerdings nicht, dass die Pflegekasse die Dienstleistungen bezahlt, ohne dass dadurch Einbu§en beim Pflegegeld entstehen. Deshalb werden die Entlastungsleistungen oft erst gar nicht genutzt. Und dann verfŠllt der Beitrag einfach.

FŸr die Veršffentlichung griffen die Forscher des Helmholz-Zentrums und der Technischen UniversitŠt MŸnchen auf Daten von rund 3.600 Probandinnen und Probanden mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren zurŸck. Sie waren im Rahmen der Augsburger Bevšlkerungsstudie KORA-Age nach ihrem Wohlbefinden befragt worden.

Quelle: idw online

Einsamkeit im Alter Ð im Fokus der Politik

Ein neues Bundesprogramm soll vor allem Šltere BeschŠftigte vor sozialer Isolation schŸtzen. Dazu werden seit Oktober 2020 verschiedene Modellprojekte finanziell gefšrdert. Das Programm richtet sich vorrangig an Šltere BeschŠftigte (Ÿber 60 Jahre), die vom Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt bedroht oder betroffen sind und damit auch von gesellschaftlicher Isolation. Ziel ist es, sozialer Vereinsamung vorzubeugen und die finanzielle Absicherung im Alter zu stŠrken. 

€ltere, sozial isoliert lebende Menschen sollen direkt vor Ort fachliche UnterstŸtzung bekommen. Zu den Angeboten zŠhlt digitale Weiterbildung genauso wie Nachbarschaftshilfe oder das Aufzeigen von Perspektiven beim †bertritt vom Berufsleben in die Rente. 
https://www.bmfsfj.de