Mehr Familienfreundlichkeit durch digitalen Wandel?

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Asset-Herausgeber

13.12.2016
Daniel Sebastian Erler
1753

Die Digitalisierung der Arbeitswelt birgt Potenziale, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Davon sind, laut Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016, Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen überzeugt.

Der Einsatz von digitalen Technologien eröffnet die Möglichkeit, Arbeit räumlich und zeitlich in einem größeren Umfang zu entkoppeln und zu flexibilisieren als dies früher möglich war. (Mobiles) Internet erlaubt den unmittelbaren Zugriff auf Informationen, die in internen Netzwerken gespeichert sind, von außerhalb des Betriebs – im Extremfall unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsort. Auch der Spielraum, wann und wo die Beschäftigten die eigenen Arbeitsaufgaben erfüllen werden, wird mit Blick auf die technischen Möglichkeiten erweitert. 

Kritiker einer größtenteils orts- und zeitungebundenen Arbeitsorganisation sehen für Beschäftigte die Gefahr, dass Arbeitszeiten durch die erhöhte Erreichbarkeit der Beschäftigten außerhalb des Betriebes insgesamt auf Kosten der Freizeiten ausgedehnt werden. Befürworter der Entgrenzung sehen darin eher die Möglichkeit für die Beschäftigten, ihre Arbeitszeiten, entsprechend ihrer Bedürfnisse flexibler zu gestalten, und gleichzeitig die Anforderungen von Unternehmen variabler abdecken zu können. 

Welche Effekte die neuen, digital getriebenen Möglichkeiten der Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit in der Praxis haben hängt jedoch zu einem großen Teil von der Unternehmens- und Führungskultur eines Unternehmens ab.  
 

Digitalisierungsgrad und familienfreundliche Unternehmenskultur

Das Engagement der Unternehmen, mit dem berufliche Anforderungen und private Verpflichtungen der Beschäftigten besser austariert werden sollen, hängt maßgeblich von der Unternehmenskultur ab. So zeigen Flüch und Stettes (2013, 25), dass die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte personalpolitische Maßnahme zu implementieren sowie die Anzahl der angebotenen Maßnahmen insgesamt größer ausfällt, wenn die Geschäftsführung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Selbstverständlichkeit auffasst, Mitarbeitern mit und ohne Familienpflichten die gleichen Karrierechancen einräumt und einen angemessenen Informationsaustausch mit den Beschäftigten und deren betrieblichen Interessenvertretern pflegt.

Die Digitalisierung kann die Herausbildung einer familienfreundlichen Unternehmenskultur begünstigen. Der Einsatz digitaler Technologien erleichtert die Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Belegschaft über den Bedarf und das Angebot an familienfreundlichen Maßnahmen. Das Intranet bietet den Beschäftigten einen permanenten zeit- und ortsungebundenen Zugang zu betriebsinternen Informationen. Intern genutzte soziale Medien eröffnen neue Möglichkeiten, Bedarfe und Angebote an familienfreundlichen Maßnahmen zu diskutieren, zu bewerten und zu priorisieren. Belegschaften von stark digital ausgerichteten Unternehmen sind zudem tendenziell jünger und stärker akademisch geprägt (IW Köln, 2016, 126 f.). Jüngere Beschäftigte in der Familiengründungsphase haben höhere Ansprüche, dass Aspekte aus dem privaten Umfeld vom Arbeitgeber berücksichtigt werden. Hochqualifizierte können ihren Wünschen und Anforderungen wiederum vor dem Hintergrund von Fachkräfteengpässen leichter Geltung verschaffen. 
 

Effekte von Flexibilität sind abhängig von den Mitgestaltungsmöglichkeiten 

Wo flexible Arbeitszeiten vereinbart sind, stellt sich die Frage, wer die Souveränität über die Lage und Dauer tatsächlicher Arbeitszeiten aufweist. In zwei von zehn der Betriebe richtet sich die Lage der tatsächlichen Arbeitszeit eher nach den Wünschen der Beschäftigten, in acht von zehn Betrieben stehen die betrieblichen Belange im Vordergrund. Weder eine familienfreundliche Unternehmenskultur noch ein hoher Digitalisierungsgrad haben einen Einfluss auf den Vorrang betrieblicher Anforderungen. Allerdings räumen die Geschäftsführungen in Unternehmen mit einer familienfreundlichen Arbeitskultur signifikant häufiger ihren Beschäftigten einen (eher) großen Spielraum ein, Dauer und Lage der eigenen tatsächlichen Arbeitszeiten mitzugestalten (Abbildung 2). Unter den Unternehmen 4.0 mit einer ausgeprägt familienorientierten Unternehmenskultur sind es knapp neun von zehn der Betriebe. Der Umstand, dass bei den restlichen Unternehmen 4.0 der Anteil der Betriebe, die einen großen Mitgestaltungsspielraum einräumen, nur unwesentlich (und nicht signifikant) größer ist als unter den vergleichbaren Unternehmen 3.0, signalisiert, dass die Potenziale digitaler Technologien zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nur gehoben werden, wenn der Wille hierzu besteht.

Mitgestaltungsmöglichkeiten Arbeitszeit

Mobiles Arbeiten aus Sicht der Beschäftigten

Die Mehrheit der deutschen Beschäftigten (57,4 Prozent) arbeitet zumindest zeitweise mobil, knapp jeder Fünfte (18,6 Prozent) nutzt sogar häufig ein Smartphone, Tablet oder einen Laptop für berufliche Angelegenheiten. Oftmals werden dabei auch private Geräte genutzt, um von zuhause oder unterwegs berufliche E-Mails empfangen oder über Virtual Private Networks (VPN Clients) auf betriebliche Daten zugreifen zu können. Der hohe Anteil an Beschäftigten, die bereits heute nicht ausschließlich im Büro oder an einem anderen stationären Arbeitsplatz im Betrieb arbeiten, deckt sich mit anderen Untersuchungen (siehe Prümper et al., 2016, 14).

Dies scheint auf den ersten Blick im Widerspruch zu dem Befund zu stehen, dass etwa zwei Drittel aller Beschäftigten angeben, aufgrund ihrer Arbeitsaufgaben in der Regel im Unternehmen oder auftragsbedingt an einem anderen Ort anwesend sein zu müssen. Damit schließen die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens nicht aus, dass die Beschäftigten ihre beruflichen Tätigkeiten größtenteils ortsgebunden im Betrieb oder zum Beispiel beim Kunden ausüben. So mag es einzelne Aufgaben oder Tätigkeiten selbst in Berufen mit einer grundsätzlich hohen Anwesenheitspflicht geben – beispielsweise die Dokumentation von Kundengesprächen –, die keine Präsenz vor Ort verlangen. Andererseits ist Präsenzpflicht weitestgehend unabhängig davon, ob und wie oft die Beschäftigten auf die Möglichkeiten des mobilen Internets zurückgreifen (können). Zwischen mobilem Arbeiten und zeitlicher Flexibilität zeigt sich dagegen ein eindeutig positiver Zusammenhang. Während rund ein Viertel der Beschäftigten, die nie mobil arbeiten, große Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Arbeitszeitplanung sieht, sind es unter den Beschäftigten, die häufig mobil arbeiten, knapp sechs von zehn.

Der typische Beschäftigte, der zumindest manchmal mobil arbeitet, ist jung, männlich, hat einen Hochschulabschluss und arbeitet Vollzeit oder in vollzeitnaher Teilzeit. Beschäftigte in der IKT-Wirtschaft arbeiten relativ häufig mobil. Auch Führungskräfte nutzen häufiger die Möglichkeiten des mobilen Internets. Die Unterschiede in der Nutzung mobiler Geräte zwischen den Beschäftigtengruppen dürften in großen Teilen auf die jeweiligen Tätigkeitprofile und beruflichen Anforderungen beispielsweise hinsichtlich dienstlicher Reisen zurückzuführen sein. Dies ist oftmals Aufgabe der Vorgesetzten, die aufgrund ihrer Führungsrolle und Entscheidungsbefugnis jedoch für Mitarbeiter, Kunden und die Geschäftsführung in der Regel gut erreichbar sein müssen. Auch die höhere Mobilität unter den Akademikern ist plausibel, da Beschäftigte mit höherem Bildungsniveau häufiger an Computerarbeitsplätzen arbeiten.

Tätigkeitsbezogene Möglichkeiten, mobil oder von zuhause aus zu arbeiten, sind jedoch nicht der einzige Erklärungsansatz. Die ungleiche Verteilung mobil arbeitender Beschäftigter nach soziodemografischen Merkmalen wie dem Alter oder Geschlecht ist auch Ausdruck unterschiedlicher Präferenzen und familiärer Anforderungen, die möglicherweise gegen häufige Dienstreisen oder Bereitschaftsdienste sprechen. Aber auch der Anteil der Beschäftigten, die das ortsungebundene Arbeiten in Form von Homeoffice nutzen, stagniert in Deutschland trotz der sich verbessernden Informations- und Kommunikationstechnik. Dies lässt sich laut einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ebenfalls in Teilen durch unterschiedliche Präferenzen erklären. So wollen 61 Prozent der Beschäftigten, die derzeit nicht regelmäßig von zu Hause aus arbeiten, dies auch gar nicht. Die Trennung von Beruf und Privatem, die bessere (technische) Ausstattung im Büro und das soziale Netzwerk zu Kollegen und Vorgesetzten sind häufig genannte Gründe, die für das Arbeiten im Betrieb sprechen – wenngleich dies aus der Tätigkeit heraus nicht zwingend nötig wäre (BMAS, 2015, 16 ff.).
 

Fazit: auf die Unternehmenskultur kommt es an

Digitale Technologien werden die Möglichkeiten, zeitlich und räumlich flexibel zu arbeiten, erweitern. Dass dies nicht zum Nachteil der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschehen muss, zeigen einerseits der hohe Anteil an familienfreundlichen Arbeitgebern unter den Unternehmen, die beim Thema Digitalisierung bereits weit fortgeschritten sind und zum anderen die positiven Erfahrungen der Beschäftigten, die bereits heute häufig mobil arbeiten. Mobilität kann somit ein Instrument zur besseren Vereinbarkeit sein und sich damit positiv für die Mitarbeiter, aber auch für das Unternehmen auswirken, wenn unabhängig vom jeweiligen Arbeitsstandort effizienter gearbeitet werden kann (Viete/Erdsiek, 2015).

Die bisherigen Erfahrungen mit digitalen Technologien seitens der Mitarbeiter stehen auch im positiven Zusammenhang mit einer positiven Einschätzung über die zukünftige Entwicklung der betrieblichen Familienfreundlichkeit im digitalen Wandel (Abbildung 4). Mobil arbeitende Beschäftigte sehen deutlich häufiger das Potenzial der Digitalisierung für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wohingegen 71 Prozent der Beschäftigten mit rein stationärem Arbeitsplatz von keiner Veränderung ausgehen. Insgesamt sehen nur 6 bis 8 Prozent der Beschäftigten die Gefahr, dass die Vereinbarkeit durch die Digitalisierung eher erschwert wird. Auch diese Ergebnisse deuten auf eine eher positive Rolle der Mobilität in der familienfreundlichen Gestaltung der Arbeit aus Beschäftigtensicht hin.

Die Unternehmen 4.0 sind bezüglich des Einflusses der Digitalisierung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in ihrer Organisation zuversichtlicher als Unternehmen, deren Geschäftstätigkeiten bislang noch wenig digitalisiert sind (siehe Abbildung 4). Gerade der Zeithorizont von fünf Jahren dürfte für die Unternehmen 3.0 zu kurz sein, um spürbare Veränderungen der Organisation zu mehr Familienfreundlichkeit anzustreben. Damit die Potenziale digitaler Technologien wie das mobile Arbeiten für das Unternehmen und seine Beschäftigten erfolgreich genutzt werden können, braucht es einen nachhaltigen Veränderungsprozess beispielsweise hin zu einer stärkeren Vertrauenskultur und einem ergebnisorientierten Führungsstil.
 

Quelle

Andrea Hammermann / Oliver Stettes: Familienfreundliche Arbeitswelt im Zeichen der Digitalisierung – Befunde auf Basis des Unternehmensmonitors Familienfreundlichkeit 2016

Literaturangaben

  • BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2015, Bericht zum Monitor Mobiles und entgrenztes Arbeiten, Forschungsbericht 460, Nürnberg, Mannheim, Köln
  • Flüch, Sabine / Stettes, Oliver, 2013, Familienfreundlichkeit in der deutschen Wirtschaft – Ergebnisse des Unternehmensmonitors 2013, in: IW-Trends, 40. Jg., Nr. 3, S. 19–32
  • IW Köln – Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2016, Wohlstand in der digitalen Welt – Erster IW-Strukturbericht, Köln
  • Prümper, Jochen / Lorenz, Christian / Hornung, Stefanie / Becker, Matthias, 2016, Mobiles Arbeiten – Kompetenzen und Arbeitssysteme entwickeln, Abschlussbericht, (Hrsg.) Deutsche Gesellschaft für Personalführung, Frankfurt
  • Signium International, 2013, Generation Y – Das Selbstverständnis der Manager von morgen
  • Viete, Steffen / Erdsiek, Daniel, 2015, Mobile Information and Communication Technologies, Flexible Work Organization and Labor Productivity: Firm-Level Evidence, ZEW Discussion Paper, Nr. 15-087

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