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Auma Obama: „Viele wissen nicht, dass sie eine Stimme haben“

Wo Auma Obama auftritt, hinterlässt sie einen bleibenden Eindruck. Mit ihrem Mut, ihrer Stärke und ihrem beispiellosen Engagement für benachteiligte Kinder dient sie als Vorbild für viele junge Menschen in Kenia und der ganzen Welt. In ihrer Heimat hat sie die Stiftung Sauti Kuu gegründet, die Kindern und Jugendlichen hilft, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dabei hat sie bereits 1000 jungen Menschen nachhaltig geholfen, davon vielen Mädchen und jungen Frauen.

Sie setzen sich in Kenia mit ihrer Stiftung Sauti Kuu für die Förderung von Kindern und Jugendlichen ein. Dabei helfen Sie den Kindern u. a. dabei, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihr Potenzial zu erkennen. Wie genau schaffen Sie das?

Dr. Auma Obama: Indem man ihnen zuhört, über Identität und Selbstbewusstsein redet und sie provoziert, Stellung zu nehmen. Viele wissen oft nicht, dass sie eine Stimme haben und das Recht auf eine eigene Meinung. Es geht dabei auch darum, den Charakter zu entwickeln. Sie müssen lernen, die Opferrolle abzulegen, in der sich viele sehen. Die jungen Menschen sollen verstehen, dass sie ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen müssen. Sie merken dann, dass sie, wenn sie selbst mitwirken, viel mehr erreichen können. Nur dann sind sie motiviert und arbeiten hart. Sie brauchen aber die Möglichkeiten dazu und unsere Unterstützung.

Sauti Kuu heißt auf Kiswahili »Starke Stimmen«. Wir versuchen jungen Leuten Mut zu machen, damit sie sich selbstbewusst in eigener Verantwortung etwas aufbauen. 
Die Identität, die man aus einer Entwicklungshilfe entwickelt hat, nämlich Leistungen zu erhalten, ohne Gegenleistungen zu fordern, hat viel Schaden bei den Menschen hier angerichtet. Viele Kenianer:innen, vor allem in ländlichen Gebieten, halten sich für Opfer der Armut, obwohl sie Land haben – eine wertvolle Ressource. Ein Schatz, der, wenn man ihn gut pflegt, langfristig auch wirtschaftliche Sicherheit bietet. Wir müssen raus aus dieser Opfermentalität. Es gilt die Verantwortung zu übernehmen, für das, was mit dem eigenen Leben passiert.

Beobachten Sie Unterschiede in der Arbeit mit den Mädchen und den Jungen?

Bei Sauti Kuu versuchen wir keinen Unterschied zu machen, weil es bei uns um Chancengleichheit geht. Dabei achten wir aber besonders darauf, dass die Mädchen nicht zurückgelassen werden. Weil Mädchen dazu tendieren, in der Gemeinschaft mit den Jungs sich oft zurückzuhalten und diesen den Vorrang geben. Das ist uns enorm wichtig.

Sie haben in Deutschland studiert und promoviert und anschließend eine beachtliche Karriere aufgebaut. Was würden Sie sagen: Welche persönlichen Eigenschaften und Stärken haben Ihnen dabei am meisten geholfen?

Glaube – Mut – Leidenschaft!

Das Bewusstsein, dass ich für mein eigenes Schicksal und meinen Werdegang verantwortlich bin. Das Wissen, dass man alles erreichen kann, auch als Frau. Mut – da ich mich selten davor gescheut habe, durch neue Türen zu gehen. Und der Glaube, dass auch etwas zurückkommt, wenn man sich 100 % einsetzt.

Was raten Sie – deutschen wie kenianischen – jungen Frauen, um eine unabhängige Stellung im Leben zu finden bzw. selbstbewusster zu werden?

Grundsätzlich kann man junge Frauen in Deutschland und in Kenia nicht miteinander vergleichen. Die Voraussetzungen sind ganz anders. In Kenia z. B. ist es unser Ziel, jungen Menschen – und dabei besonders den Mädchen – zu helfen, ihr Potenzial zu erkennen und auch zu nutzen, damit sie selbst ihr Leben bestimmen und verbessern. Denn die meisten halten sich für Opfer, die gar nichts selbst ändern können.

Wir geben ihnen die Möglichkeit zu erleben, dass sie etwas bewirken können. Dazu gehört auch, Landbesitz wieder schätzen zu lernen und nicht nur den Blick auf Bürojobs als White-Collar-Worker in der Stadt zu richten. Denn sie können auf dem Land Produkte nicht nur für die eigene Versorgung erzeugen, sondern darüber hinaus auch für den Verkauf. Alle haben dabei die gleichen Chancen und Möglichkeiten, etwas zu machen – egal ob Junge oder Mädchen. Jeder kann individuell wählen. 

Für die Frauen beider Länder gilt, dass man etwas mehr Ermutigung benötigt, um zu erkennen: Das Leben ist wie ein Buffet – man muss nur zugreifen. Und dabei gibt es keinen Grund, nur den abgelegten Teller zu nehmen.

Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Was würde die heutige Auma Obama ihrem 18-jährigen Ich sagen?

Träume werden wahr, wenn man sich mit Leidenschaft daran macht, sich aber bewusst ist, dass das Leben dazwischenkommen kann, was aber nicht ein Hindernis sein muss.

Sie genießen große Popularität aufgrund Ihrer wichtigen Arbeit in Kenia. In welcher Weise hat die Beziehung zu Ihrem Bruder Barack Obama, dem ehemaligen US-Präsidenten, Ihre eigene Reise beeinflusst?

Mir wurde bewusst, welche Verantwortung damit verbunden ist, und ich habe die Chance, die ich bekam, benutzt, um eine Stimme für andere zu sein, die normalerweise kein Gehör bekommen. 

Auma Obama war Top-Speakerin im exklusiven Livestream „Womanomics: She. Changes. Future.“ am 08. März 2022.

 

Über Sauti Kuu

Die Stiftung Sauti Kuu hat das Ziel, finanziell und sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen im ländlichen Kenia eine Stimme zu geben. Mit Hilfe eines Selbsthilfemodells arbeitet sie daran, dass die Kinder und Jugendlichen ihr Potenzial ausschöpfen und in der Lage sind, aktiv an der Verbesserung ihres Lebens mitzuwirken.

Weitere Informationen zu Sauti Kuu finden Sie auf der Website: https://www.sautikuufoundation.org

 

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