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Eine Frau im BEM-Gespräch
Führung & HR

BEM-Gespräch: Dank BEM den Job erhalten

Schlafstörungen, Gewichtsverlust, ein ständiges Kribbeln in den Füßen: Carolin Langs* Gesundheit verabschiedete sich nach und nach. Viel zu spät konnten die Ärzte eine Diagnose stellen: Die Angestellte war an Diabetes Typ 2 erkrankt. Ein Schock für die 52-Jährige, der einen ganzen Rattenschwanz an Beschwerden nach sich zog. Eine zweite niederschmetternde Diagnose folgte: Polyneuropathie, eine bleibende Schädigung der Nerven.

„Den Diabetes bekam ich mit Medikamenten schnell in den Griff. Allerdings war mein Köper durch die Stoffwechsel-Kapriolen extrem geschwächt. Ich hatte starke Schmerzen und war zu nichts mehr in der Lage.“ In Folge der zweiten Diagnose ist die Angestellte für mehrere Monate arbeitsunfähig. Als Nebenwirkung der  Medikamente erkrankte Carolin Lang zudem auf dem linken Auge an Grauem Star. Zu den körperlichen Symptomen gesellt sich Zukunftsangst. „Ganz massiv standen plötzlich Existenzängste im Raum. Denn vom Krankengeld allein zu leben ist nicht möglich“, erzählt sie rückblickend.
 

Positive Wende dank BEM

Eine positive Wende bahnt sich für die Münchnerin erst mit dem Anruf ihrer Berliner Kollegin Christiane Weidemann an, die beim pme Familienservice als Beraterin für Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement tätig ist.

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement – kurz BEM – ist im Sozialgesetzbuch IX §167 verankert. Jeder Arbeitgeber ist demnach verpflichtet, allen Beschäftigten, die krankheitsbedingt im Job ausfallen, spätestens nach sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. Ob es sich dabei um eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit oder um wiederkehrende Krankheitsphasen handelt, ist dabei nicht entscheidend.

„Die sechs Wochen beziehen sich auf die vorherigen zwölf Monate“, erklärt BEM-Beraterin Christiane Weidemann. „Der Grundgedanke ist, den Arbeitnehmer möglichst frühzeitig zu unterstützen, so dass er seinen Arbeitsplatz erhalten kann.“

Der Ablauf eines BEM-Prozesses ist dabei ganz klar strukturiert. „Zunächst kontaktieren wir den Betroffenen und bieten ein unverbindliches Gespräch an. Darin informieren wir über grundsätzliche Fragen zum BEM, z.B. über gesetzliche Grundlagen und den Datenschutz, denn die Beratungsgespräche unterliegen der Schweigepflicht: Es sei denn, der Betroffene stimmt zu, dass die Führungskraft eingebunden wird“, erklärt Christiane Weidemann. „Der Arbeitnehmer kann nach diesem Erstgespräch frei entscheiden, ob er in das BEM-Verfahren einsteigen möchte. Lehnt er ab, ist der Prozess abgeschlossen.“

„Ich habe sofort gemerkt, dass ich hier gut aufgehoben bin“

Für Carolin Lang wird gleich beim ersten Gespräch mit der BEM-Beraterin klar, dass sie die Unterstützung in Anspruch nehmen möchte.
„Ich habe sofort gemerkt, dass ich hier gut aufgehoben bin“, erinnert sich die Mitarbeiterin im Team Office Management. „Zu wissen, dass meine BEM-Beraterin für mich ‚allzeit bereit’ sein würde, war sehr beruhigend. Meine Führungskraft war von Anfang an einbezogen. Ich hatte das sichere Gefühl, dass alle mich unterstützen.“

In den folgenden anderthalb Jahren stehen Carolin Lang und Christiane Weidemann monatlich via Telefon und E-Mail in Kontakt. Geht es in den ersten Coaching-Gesprächen darum, Carolin Langs Situation genau zu verstehen, zuzuhören und sie auch psychologisch zu unterstützen, hilft die BEM-Beraterin später bei ganz konkreten Schritten, z.B. bei der Suche nach einer geeigneten Reha-Klinik und der Antragsausfüllung. Regelmäßig informiert die BEM-Beraterin Langs Führungskraft über den Stand. Kommt es zur Rückkehr in den Job, klärt sie, ob bestimmte Hilfsmittel oder eine spezielle Pausenregelung nötig sind.

Führungskraft einbeziehen - Ja oder Nein?

„Meistens ist der Einbezug der Chefin oder des Chefs förderlich. Aber das ist ein heikles Feld. Denn manchmal sind Arbeitnehmer gerade wegen Konflikten mit der Führungskraft öfter krank“, erklärt Christiane Weidemann. Auch hier kann ein BEM-Verfahren helfen, zum Beispiel indem die BEM-Beraterin zwischen Führungskraft und Teammitglied moderiert. In Folge des Austauschs werden gemeinsam Maßnahmen definiert, die zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas führen.

In Carolin Langs Fall steht erst nach mehreren Monaten die Frage der Rückkehr an ihren Arbeitsplatz im Mittelpunkt des BEM-Prozesses. „Als klar war, dass Carolin wieder mit ein paar Stunden anfangen kann, haben wir das Hamburger Modell besprochen, dass eine stufenweise Erhöhung der Arbeitszeit nach ärztlicher Verordnung vorsieht“, berichtet die BEM-Beraterin.

Mit dem Wiedereinstieg in den Job folgen wöchentliche Feedbackgespräche, um zu klären, ob die Arbeitsbelastung zu hoch ist oder weiter gesteigert werden kann.
Carolin Lang trainiert über sechs Wochen lang ihre Belastbarkeit. Sie startet mit vier Arbeitsstunden täglich. Das Pensum erhöht sich wöchentlich.

Eine „Aufbaukur“ für die Psyche

Carolin Lang arbeitet heute wieder 35 Stunden in der Woche. Sie hat gelernt mit ihren Schmerzen zu leben. „Das ist nicht immer einfach, aber ich bin Optimistin und freue mich über meinen Job, den ich von Herzen gerne mache“, berichtet sie.

„Die Gespräche mit Christiane Weidemann würde ich als sehr wertvolles Coaching und „Aufbaukur“ bezeichnen. Ich glaube, dass die gute Betreuung in dieser schwierigen Phase mich vor dem Abgleiten in eine Depression bewahrt hat.“

 

Christiane Weidemann ist für den pme Famlienservice als BEM-Beraterin tätig. Die diplomierte Sozialpädagogin hat sich durch eine Zusatzausbildung zum Certified Disability Management Professional (CDMP, DGUV-zertifiziert) für Beratungen zum Beruflichen Eingliederungsmanagement qualifiziert.

 

 

 

 

 

Carolin Lang* (Name geändert) ist Teammitglied im Office Management und arbeitet für den "Globalen Empfang" beim pme Familienservice.

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